Covid-19, Pressemitteilung, Schutz

Nach positivem Corona-Test: Quarantänebedingungen in Tokio dringend verbessern 

Berlin, 30. Juli 2021. Athleten Deutschland fordert das IOC auf, sich dringend für substanzielle Verbesserungen der Quarantänebedingungen für Athlet*innen in Tokio einzusetzen. 

Es steht außer Frage, dass die strengen Quarantänebedingungen bei den Spielen nach bestätigtem positivem Corona-Test einzuhalten sind. Der Gesundheitsschutz aller muss oberste Priorität haben. Die Spiele dürfen weder national das Infektionsgeschehen beschleunigen, noch dürfen sie zum globalen Superspreader-Event werden. Hierfür haben Athlet*innen absolutes Verständnis. Sie dürfen jedoch erwarten, die verordnete Quarantäne unter angemessenen Bedingungen zu verbringen.

Athlet*innen in Quarantäne vor Ort berichten von Mangelversorgung in grundlegenden Bereichen. So besteht im derzeitigen Quarantänehotel unzureichende Frischluftzufuhr. Die Lebensmittelversorgung ist weder reichhaltig noch ausgewogen, entspricht auch nicht den teils spezifischen Ernährungsanforderungen von Spitzenathlet*innen. Athlet*innen, die Trainingsaktivitäten im Zimmer wieder aufgenommen haben, müssen verschwitzte Kleidung im Waschbecken auswaschen, die danach kaum trocknet. Sie fühlen sich allein gelassen, müssen sich viele Informationen selbst beschaffen. Ihnen ist unklar, wie der genaue Ablauf der Quarantäne ist und welche Schritte nach Beendigung unternommen werden müssen. Uns wurde von sprachlichen Barrieren in der Kommunikation mit dem medizinischen Personal berichtet. 

Maximilian Klein, Beauftragter für Internationale Sportpolitik, kommentiert: „Das IOC hat von Beginn an auf einen Plan B verzichtet und steht daher in besonderer Verantwortung gegenüber allen Beteiligten, auch gegenüber den Athletinnen und Athleten. Es erzielt mit deren Arbeit und deren Leistungen Milliardenerlöse, ohne sie als unverzichtbare Leistungsträger daran zu beteiligen. Obendrein wurden die Restrisiken durch Hitze und COVID-19 auch noch vom IOC auf die Athletinnen und Athleten per Haftungsausschluss abgeladen. Es mutet daher grotesk an, dass sie in gefängnisartigen Zuständen ihre Quarantäne absitzen müssen, während IOC-Mitglieder im teuren Luxushotel absteigen und mit hohen Tagespauschalen versorgt werden.“ 

Die Athletenschaft erwartet keine Unterbringung in Luxushotels. Die Athlet*innen dürfen aber erwarten, dass die Ausrichter der Spiele für angemessene Quarantänebedingungen sorgen, die den berechtigten physischen und psychischen Bedürfnissen von Hochleistungssportler*innen entsprechen. Sicherlich unternehmen die zuständigen Nationalen Olympischen Komitees und Fachverbände derzeit alles im Rahmen ihrer Möglichkeiten für Sportler*innen in Quarantäne. In der Rückschau ist es jedoch bedauerlich, dass das IOC die Quarantänebedingungen in der Planung der Spiele offenbar vernachlässigt hat, obwohl diese im Vorfeld längst bekannt waren. Scheinbar ließ es seine Möglichkeiten ungenutzt, um mit den Verantwortlichen akzeptable Lösungen umzusetzen.

Auf die besonderen Herausforderungen im Infektions- und Quarantänefall, auch mit Blick auf die psychische Gesundheit der Athlet*innen, haben wir in unserem Positionspapier „Sicherheit gewährleisten und Fürsorgepflicht wahrnehmen“ im Frühjahr hingewiesen. Zudem hat etwa die Spielergewerkschaft World Players Association mit der Zusammenstellung “Best Practice Measures to Protect Public and Athlete Health at the Tokyo Olympics“  die Problemstellungen ebenso frühzeitig benannt. 

Zum Hintergrund: 

Athlet*innen richten oftmals ihre gesamte Karriere auf den sportlichen Höhepunkt der Olympischen Spiele aus. Sie nehmen jahrelange finanzielle, soziale und gesundheitliche Strapazen und Entbehrungen in Kauf. Eine Infektion mit COVID-19 kann daher nicht nur die bekannten gesundheitlichen Risiken für Spitzensportler*innen bedeuten, sondern im schlimmsten Fall ein traumatisierender Schicksalsschlag sein, der den Betroffenen plötzlich einen lang gehegten Lebenstraum entreißt. Beispielsweise kann eine Infektion vor Wettkampfstart eine schwere persönliche und sportliche Krise nach sich ziehen, die nachhaltige Auswirkungen auf die mentale Stabilität und Gesundheit der Betroffenen haben kann.